Kalchreuther Kirschengeschichte

„Die Kirschen in Nachbars Garten, die waren so süß und so rot“, so heißt es in dem Lied von Peter Alexander. Und ganz ehrlich, wer hat nicht schon mal bei einem Spaziergang in einem fremden Garten einige Kirschen genascht.

Aber darum geht es nicht. Während der Erntezeit der Kirschen ärgern sich die Besitzer von Kirschgärten jedes Jahr über jene Zeitgenossen, die oft sogar in Clans auftreten, Bäume regelrecht plündern, Äste abreißen und damit zusätzlichen Schaden anrichten.

Dass dies nicht eine Erscheinung der neueren Zeit ist, beweist eine Zeitungsnotiz des Nürnberger Kuriers (Friedens- und Kriegskurier) aus dem Jahre 1845. Darin heißt es:

Warnung vor dem Besuch der Kalchreuther Kirschengärten. Sonntag den 14. Juli fuhr eine Gesellschaft aus circa fünfzig Personen bestehend, nach Kalchreuth, die dortigen Kirschengärten zu besuchen, woselbst die Besucher beim Gastwirt Thaler einstellten, welcher sie, nachdem sie gezecht hatten, durch einen seiner Knechte in  seinen Kirschengarten begeleiten ließ; die Besucher wurden gleich beim Eintritte, nachdem sich einige etliche Kirschen abpflückten, mit den niedrigsten Schimpfworten und aller Art Grobheiten empfangen, ohne daß Ihnen Jemand für die genossenen Kirschen eine Abgabe abforderte, welche Sie zu entrichten bereit gewesen wären. […]

Na ja, ob sie wirklich von Beginn an die Absicht hatten, für die gepflückten Kirschen zu bezahlen, lassen wir dahin gestellt sein. Jedenfalls war der Kirschenanbau zu dieser Zeit für die Kalchreuther eine wichtige Einnahmequelle. Dr. Gottlob Rehlen, von 1836 bis 1850 Pfarrer in Kalchreuth, schrieb 1843 in seinem Jahrbuch folgendes über die Kirschgärten:

Die Kalchreuther Flur ist gegenwärtig besonders west- und nordwärts von Kirschgärten umgeben, die im März einen weißen Blüthen- und im Herbst einen Kranz von glühendem Rothe bilden. Im Juni und July aber, gibt es mit seltener Ausnahme von Misswuchs, eine unermessliche Menge von Kirschen. Manche Bäume wachsen zu einer großen Höhe und weitem Umfange. Am Ende des vergangenen Jahrhundert’s gab es noch wenige solcher Gärten, deren es gegenwärtig gegen 100 gibt, und die jährlich gegen 3000 f* einbringen, und eine Menge genuß- und schaulustiger Gäste herbeiführt.

Nachdem in den nächsten Monaten die Kirschen reifen, wünschen wir den Kirschenbauern eine unfallfreie und gute Ernte und dass sie von der Kirschfliege und sonstigen Schädlingen verschont bleiben.

Heinz Wehrfritz

[*soll wohl fl sein und steht für Gulden; 1 Gulden (fl) = 60 Kreuzer; 1 Kreuzer (xr, x oder kr) = 4 Pfennige; 1 Pfennig (d oder dl) = 2 Heller]